Tag 73: Das Abenteuer von Polilimnio

M: Aufbruch von Koroni – hier waren wir jetzt lange genug.

Heute ist das Tagesziel Kalamata und mehr oder weniger auf dem Weg soll ein Riesenspaß zu finden sein: Die Schlucht  Polilimnio. Anscheinend ein ewiger Geheimtipp – alle Internet-Fundstellen dazu sind eher privater Natur, es gibt nichts Offizielles. In D wäre das alles längst a) unter Naturschutz oder b) hervorragend vermarktet. Hier: nix davon.

Jedenfalls handelt es sich lt. Beschreibungen um eine Schlucht, die von Gebirgswasser gespeist wird, das sich über etliche kleine Wasserfälle in insgesamt 15 kleine Seen ergießt. Bilder, die zu finden sind, künden von einem herrlichen Badespaß in den Seen – vorausgesetzt, das Wetter passt. Gefreut habe ich mich seit Tagen darauf, einzig der Himmel spielt heute absolut nicht mit. Auf der Fahrt dorthin wird klar: Dies ist ein Tag im ordentlichen Dauerregen, völlig untauglich für irgendwelche Besichtigungen, schon gar nicht denkbar für satten Badespaß im Freien…

Aber: Na klar, mal hinfahren kann ja nicht schaden, oder?

Gesagt, getan. Es gibt zarte Informationen, wo das hübsche Wunder zu finden ist und wenn man die nicht hätte, dann würde man es auch nicht finden, no way. Also: Ihr fahrt auf der großen Straße zwischen Kalamata und Pylos im Ort Kazarma hinter der Tankstelle nach links ab zum Örtchen Charavgi. Dort gibt es Schilder. Am Ortsende unbedingt parken, wenn das Wetter ist wie bei uns heute. Ansonsten 2 km Fußweg sparen und dem mit der Planierraupe geschaffenen Fahrweg folgen. Wir wären aus dieser roten, glitschigen Erde zumindest an einem Abhang nicht mehr hochgekommen und laufen bis zum Gutwetter-Parkplatz.

Dann noch einen steingefliesten Weg in die Schlucht hinabgehen und am Fußpunkt entscheiden: Nach rechts oder links? Leider sind die vorhandenen Hinweisschilder nur ganz oben zu finden und völlig verblasst, sprich: untauglich. Also nach links. Und da beginnt die Zauberwelt, mitten im dichten Ur-Wald geht es über schmale, glitschige Pfade schluchtabwärts. Gleich ist im Dunkel ein Wasserfall zu hören, es rauscht und uns schüttet sowieso der Regen von oben mit Wasser zu, die ganze Zeit schon. Nach wenigen Minuten sind wir Amphibien, fernab jeder Zivilisation, alleine im Urwald. Das Wasser stürzt immer wieder einige Meter nach unten, ein kleiner See (eher Gumpen) tut sich auf, im Sommer wäre es geradezu unaushaltbar herrlich. Wir staunen und triefen, gucken und fotografieren. Nach einem halben Kilometer ist -heute- Schluss: Es geht nur über einen großen, glatten Felsen weiter nach unten – aber der lächelt uns so unmissverständlich feucht und grünalgig an, dass wir auf seine tückische Einladung nicht eingehen. Zurück also.

Wieder am Einstiegspunkt angelangt, habe ich noch lange nicht genug, auch wenn wir längst durchgeweicht sind – aber schließlich war da ja noch: rechts! Bettina lässt sich bequatschen und geht davon aus, dass gleich an dem netten Picknickplatz hundert Meter weiter oben eh Schluss ist. Isses aber nicht, der Weg geht über eine kleine Brücke auf der anderen Seite weiter, nur um dann bald wieder die Seite zu wechseln. Bald hat Bettina die Schnauze voll und bei mir entsteht so eine Buben-Euphorie, die jetzt unbedingt den Rest auch noch „machen“ will. Bettina lässt sich abermals mitreißen und weiter geht’s. Es wird immer abenteuerlicher, enger und steiler. Bald laufen wir über Felsen durch das Wasser, durch überschwemmten Sumpf, ziehen uns an Hängen hinauf, die mit Steigeisen und einigen Seilen dürftigen Halt bieten. Jedenfalls würden sie das, wenn es nicht unentwegt schütten würde. Wir sind klatschnass, der Boden ist glatt, die Steigeisen auch, die Felsen sowieso und es geht immer weiter nach oben, die Schlucht hinauf. Völlig blödsinnig, hirnverbrannt und idiotisch bei diesem Wetter. Irgendwann, als ich an einer 20m hohen Steinwand kaum noch Halt finde und das nächste Seilstück noch nicht in Griffweite ist, dämmert sogar mir das langsam. Fotos werden hier keine mehr gemacht, so kaltschnäuzig bin ich nicht. Bettina ist -zu Recht!- stinksauer und ich bin mir nicht mehr sicher, ob zurück/abwärts oder „weiter geht’s“ idiotischer ist. Nach oben scheint es lichter zu werden und ich denke (wünsche mir?), dass Aufwärts das kleinere Übel ist. Ist es dann auch, nachdem wir noch einen Wasserfall auf einer 5m langen –klatschnassen und glitschigen- Holzplanke passieren durften und mitten im letzten Wasserfall eine Stahltreppe nach oben geklettert sind, war es vollbracht. Nur noch knapp 2km durch Macchia-Gestrüpp und „schon“ waren wir wieder draußen …..

Ok, der Tag war gelaufen, mein Abenteuerdrang war hirnrissiger Leichtsinn und Bettina wünschte sich weit weg. Ich wäre am liebsten in den Erdboden versunken und hätte mir gleichzeitig doch so ein wenig gewünscht, dass es einfach nur toll gewesen sein möge …..

Ähm, dann sind wir nach Kalamata gefahren … und haben recht still -wieder einmal- darüber nachgedacht, wie anders das im Sommer gewesen wäre.


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